Auf einen Blick
Für gewöhnlich wird beim Verkauf einer Immobilie ein fester Preis ausgeschrieben. Dieser bildet sich nach der Wertermittlung und der Einschätzung des Maklers. Interessenten können sich entscheiden, diesen Preis zu zahlen oder von einem Kauf absehen, wenn dies nicht in das Budget passt.
Auf dem umkämpften Immobilienmarkt könnte der Festpreis jedoch dazu führen, dass der Verkäufer nicht den maximalen Erlös erzielt. Teilweise kommt es vor, dass Interessenten den eigentlich ausgerufenen Preis überbieten, um den Zuschlag für die Immobilie zu erhalten. Dies ist ein Hinweis darauf, dass eigentlich ein höherer Verkaufspreis möglich sei.
Das Bieterverfahren erlaubt, von Beginn an den Preis durch die Käufer bilden zu lassen. Ähnlich wie bei einer Auktion geben die Interessenten Ihre Gebote ab. Am Ende erhoffst Du Dir, als Verkäufer einen maximalen Erlös zu erzielen und gleichzeitig den Verkaufsprozess zu beschleunigen.
Wie läuft das Bieterverfahren im Detail ab und welche Vorteile sind damit verbunden?
Das Bieterverfahren beim Immobilienkauf
Üblicherweise wird der Preis einer Immobilie zunächst mit einem Wertgutachten ermittelt. Darin fließen Faktoren, wie der Zustand des Hauses sowie die Lage ein. Damit entscheidet sich, wie hoch die Nachfrage sein wird und welcher Verkaufspreis realistisch ist.
Die Regeln beim Immobilienverkauf haben sich in den letzten Jahren jedoch grundlegend geändert. In nachgefragten Lagen sind Käufer bereit, einen höheren Preis zu bezahlen, als das eigentliche Wertgutachten ergeben hat. Ursächlich sind hierfür die niedrigen Zinsen, die eine Finanzierung günstiger werden lassen[1], sowie die Angebotsknappheit. Interessenten sind daher übergegangen, den Verkaufspreis zu überbieten.
Kein ausgeschriebener Preis
Beim Bieterverfahren wird üblicherweise kein Preis veröffentlicht. Die Interessenten geben ein Gebot ab, welches nicht öffentlich ist. Lediglich ein Mindestgebot könnte beim Inserat angegeben sein, um eine Orientierung zu bieten. Danach setzt sich der Verkäufer mit den Interessenten in Verbindung, die die höchsten Gebote abgegeben haben.
Verkäufer können diesen Umstand beim Bieterverfahren ausnutzen. Hierbei wird kein öffentlicher Preis für die Immobilie ausgeschrieben. Vielmehr besteht der Hinweis darauf, dass die Interessenten ein Gebot abgeben sollen.
Die Preisbildung wird dementsprechend auf die Käufer umgelegt. Anders als bei einer Auktion sind die Gebote allerdings nicht öffentlich einsehbar. Meist steht die Immobilie für eine gewisse Dauer in den Portalen zum Verkauf, währenddessen der Makler die Gebote sammelt. Am Ende des Bieterverfahrens erhält das höchste Gebot den Zuschlag und die Kaufinteressenten werden kontaktiert.
Rechtlich unverbindlich
Die Gebote, die im Rahmen des Bieterverfahrens von den Kaufinteressenten abgegeben werden, sind rechtlich nicht bindend. Sie können jederzeit vor der Beurkundung beim Notar das Gebot zurückziehen und vom Kauf zurücktreten. Allerdings fallen, je nach Zeitpunkt des Rücktritts, bereits Kosten an. Wurde der Notar vom Kaufinteressenten bereits beauftragt, gehen damit Notarkosten in vierstelliger Höhe einher. Daher sollten Interessenten nur ein Gebot abgeben, wenn der Hauskauf ein ernsthaftes Anliegen ist und die Finanzierung bereits durchkalkuliert wurde. Einfach nur „auf gut Glück“ ein Angebot abzugeben ist für keine Seite vorteilhaft und stellt nur einen Mehraufwand dar.
In Abgrenzung zu einer Auktion ist das Bieterverfahren wesentlich „freier“ gestaltbar. Dies bedeutet, dass nicht zwingend das Höchstgebot den Zuschlag erhält. Der Verkäufer bzw. Makler können frei entscheiden, welche Kaufinteressenten für die Nachverhandlungen infrage kommen.
Nicht verbindliche Gebote
Die Gebote stellen noch keine weitere Verpflichtung der Kaufinteressenten dar. Daher könnten einige vermeintliche Käufer die Gebote zurückziehen, falls die eigentlichen Kaufverhandlungen näher rücken. Erst mit der Einschaltung des Notars entstehen Kosten, die einen Rückzug aus den Verhandlungen unwahrscheinlicher machen.
In der Regel wird den Interessenten mit niedrigeren Geboten eingeräumt, eine höhere Summe abzugeben, um noch eine Chance auf die Immobilie zu besitzen. Nachdem für den Verkäufer ausreichend zufriedenstellende Gebote eingetroffen sind, geht es an die Nachverhandlungen. Dort werden die potenziellen Käufer kontaktiert und die Kaufmodalitäten abgesprochen. Neben dem Kaufpreis sind auch andere Details von Bedeutung, die im Rahmen der Nachverhandlungen besprochen werden.
Ablauf des Bieterverfahrens
Das Bieterverfahren unterscheidet sich in gewissen Punkten vom gewöhnlichen Ablauf des Hausverkaufes. Die grundlegenden Aufgaben sind allerdings auch im Bieterverfahren zu erledigen. So besteht das Ziel darin, eine möglichst hohe Nachfrage zu generieren, um höhere Gebote zu erhalten. Beim Bieterverfahren sind folgende Schritte maßgeblich.
Der Verkäufer oder Makler veröffentlichen das Inserat auf verschiedenen Immobilienportalen. Hierzu erstellen Sie ein ansprechendes Exposé und nennen die Grunddaten des Hauses. Beim Bieterverfahren besteht die Besonderheit darin, dass kein Festpreis genannt wird. Es wird darauf hingewiesen, dass Kaufinteressenten ein Gebot abgeben müssen. Teilweise könnte im Inserat noch ein Mindestpreis festgelegt sein. Dies soll zumindest einen realistischen Rahmen vorgeben, damit Interessenten eine gewisse Vorstellung vom Wert der Immobilie erhalten.
Vor der Abgabe der Gebote wird die Möglichkeit einer Besichtigung eingeräumt. Manche Interessenten sehen die Besichtigung jedoch nicht als wesentlich und könnten darauf verzichten. Dennoch haben Sie die Möglichkeit, das Gebot abzugeben. Je nach Anzahl der Interessenten wird eine Sammelbesichtigung oder eine Einzelbesichtigung durchgeführt.
Nach der Besichtigung haben die Kaufinteressenten ein besseres Gefühl dafür, wie viel Sie bereit sind für die Immobilie zu bezahlen. Sie geben innerhalb einer festgelegten Frist das Gebot ab. Die Gebote sind nicht öffentlich und die Interessenten besitzen keine Kenntnis darüber, in welchem Bereich die Gebote der Konkurrenz liegen. Diese Vorgehensweise wird als privates Bieterverfahren[2] bezeichnet. Mittlerweile sind Online Bieterverfahren aufgrund der einfachen Handhabung oftmals bevorzugt.
Der Verkäufer räumt den Interessenten eine gewisse Bedenkzeit zur Abgabe der Gebote ein. Ist der Zeitraum verstrichen, könnte er die Kaufinteressenten kontaktieren und Sie über das derzeitige Höchstgebot informieren. Dann besitzen Sie jetzt die Option, das eigene Gebot nachzubessern.
Die Gebote sind nun unverbindlich abgegeben und die ersten Nachbesserungen wurden vorgenommen. Die Bieter haben Ihre Schmerzgrenze erreicht und es ist nicht absehbar, dass höhere Gebote eingehen. Damit ist das Bieterverfahren weitestgehend abgeschlossen. Der Immobilienmakler kontaktiert die Höchstbietenden. Des Weiteren bleibt er auch mit den Interessenten in Kontakt, die auf den nachfolgenden Plätzen liegen. Schließlich besteht die Gefahr, dass der Höchstbietende vom Kauf abspringt.
Der Makler legt die Liste mit den unverbindlichen Geboten dem Eigentümer vor. Dieser entscheidet sich in der Regel für den Höchstbietenden und die Verkaufsverhandlungen beginnen. Der weitere Ablauf gleicht dem üblichen Prozess des Hausverkaufes. Wird eine Einigung mit dem Interessenten erzielt, folgen der Entwurf des Kaufvertrages und der Notartermin.
Vor- und Nachteile des Bieterverfahrens
Das Bieterverfahren ist sowohl mit Chancen als auch Risiken sowohl für Verkäufer als auch dem Käufer verbunden. Nachstehend findest Du die wichtigsten Merkmale, die mit dem Bieterverfahren in Verbindung stehen.
Vorteile des Bieterverfahrens
Für den Verkäufer besteht das Ziel darin, einen höheren Verkaufspreis zu erzielen als bei einem Festpreis. Die Bieter geben selbst ein Gebot ab, welches an Ihrer Schmerzgrenze liegt und somit sind aufwendige Nachverhandlungen, um einen höheren Preis zu erzielen, seltener notwendig. Ein höherer Preis wird allerdings nur erzielt, wenn die Nachfrage entsprechend hoch ist. Bei wenig begehrten Immobilien, lohnt sich das Bieterverfahren in der Regel nicht.
Der Ablauf des Bieterverfahrens ist zeitlich besser strukturiert. Es gibt klare Fristen, bis zu denen die Gebote eintreffen und am Ende dieses Zeitraums entsteht eine größere Transparenz gegenüber den finanziellen Möglichkeiten der Interessenten. Dies beschleunigt den Hausverkauf und ermöglicht ein Abarbeiten vom höchsten bis zu den nachfolgenden Geboten.
Die Offenlegung der Gebote ermöglicht eine leichtere Auswahl der Interessenten. Springt der Höchstbietende ab und tritt vom Kauf zurück, werden die nachstehenden Kaufinteressenten kontaktiert. Somit ist die Auswahl lediglich vom Gebot abhängig und es fällt keine schwere Entscheidung an.
Das Bieterverfahren könnte eine gewisse Schnäppchenmentalität beim Käufer wecken. Da der Wert der Immobilie nicht öffentlich ausgeschrieben ist, könnten Interessenten diesen als weitaus höher einschätzen. So haben Sie das Gefühl, trotz eines hohen Gebots dennoch einen günstigen Preis zu erzielen.
Nachteile des Bieterverfahrens
Die Gebote sind für beide Seiten unverbindlich. Dies könnte einige vermeintliche Interessenten dazu verleiten, bei einigen Immobilien ein Gebot abzugeben, welches sich später als nicht ernsthaft herausstellt. Sie möchten lediglich den Markt sondieren und mithilfe der Gebote herausfinden, wie die aktuelle Lage ist.
Ohne Festlegung eines Preises könnte es einigen Kaufinteressenten schwerfallen, den Wert einzuschätzen. Schließlich sind Sie selten Immobilienexperten oder fachkundig. Dies könnte zu einer Überforderung und dazu führen, dass Sie gänzlich von einem Gebot absehen.
Das Bieterverfahren ist nur dann lohnenswert, wo eine höhere Nachfrage besteht. Dort sind die Interessenten darum bemüht, die Konkurrenz tatsächlich zu überbieten. Besteht jedoch keine hohe Nachfrage, besteht der Druck zur Abgabe eines hohen Gebots nicht. Dies könnte den Preis drücken und es geht kein Gebot in der gewünschten Höhe ein.
Unterschiedliche Varianten des Bieterverfahrens
Je nach Ausgestaltung des Bieterverfahrens stehen verschiedene Varianten zur Verfügung. Dabei gibt es grundlegend die nachstehenden Optionen.
Strukturiertes Bieterverfahren
Beim strukturierten Bieterverfahren ist der Ablauf vorab klar definiert. Es gibt Fristen, die vom Verkäufer festgelegt wurden und an denen sich die Käufer halten sollten. Dies beschleunigt nicht nur den gesamten Hausverkauf, sondern gewährt eine höhere Transparenz. Die Kaufinteressenten haben eine Vorstellung davon, wann Sie kontaktiert werden und welche Vorbereitungen zu treffen sind.
Offenes Bieterverfahren
Ein offenes Bieterverfahren ist weniger strikt definiert. Es beginnt meist mit einem Besichtigungstermin, zu welchem die Kaufinteressenten eintreffen. Danach erfolgt die Abgabe der Gebote. Haben sich bei der ersten Besichtigung kaum Interessenten eingefunden, könnte dieser Vorgang wiederholt werden. Erst wenn genügend Kaufinteressenten sich bei den Besichtigungen gemeldet haben, erfolgt die Festlegung der Frist zur Abgabe der Gebote.
Weniger nachgefragte Immobilien
Besteht eine Unsicherheit, ob sich genügend Kaufinteressenten finden, ist das offene Bieterverfahren eine geeignete Methode, um die Verkaufsrisiken zu minimieren. Hierbei gibt es keine starren Fristen und der Verkäufer ist frei in der Entscheidung, wann das Bieterverfahren beendet wird.
Privates Bieterverfahren
Ob ein öffentliches oder privates Bieterverfahren vorliegt, hängt von den Eigenschaften des Eigentümers ab. Bei einem privaten Eigentümer handelt es sich folglich um ein privates Bieterverfahren. Dies ist von öffentlichen Bieterverfahren zu unterscheiden, bei welchem meist Gemeinden oder das Land die Eigentümer sind. Ein öffentliches Bieterverfahren ähnelt zudem eher einer Auktion oder einer Versteigerung.
Das Bieterverfahren für den Hausverkauf
Der Verkauf des eigenen Hauses ist eine komplexe Angelegenheiten. Es ist mit einigem Aufwand verbunden, den Preis festzulegen und die passenden Interessenten zu finden. Eine Möglichkeit, die Komplexität zu reduzieren und einen höheren Preis zu erzielen, besteht im Bieterverfahren.
Das Bieterverfahren ähnelt einer geheimen Auktion, in der die Bieter die jeweiligen Gebote der Konkurrenz nicht erfahren. Verkäufer versprechen sich dadurch, einen höheren Verkaufserlös zu erzielen. Zudem bietet das Verfahren die Chance, den gesamten Prozess zu beschleunigen.
Insofern ist das Bieterverfahren sinnvoll, wenn eine hohe Nachfrage besteht. Dies treibt den Preis in die Höhe und der Verkäufer erhält den maximalen Verkaufserlös. Bei weniger beliebten Immobilien besteht hingegen das Risiko, dass die Gebote nicht der eigenen Vorstellung entsprechen. Zudem könnte kein ernsthaftes Interesse vorliegen und die Gebote stellen eher einen Test des Marktes dar.
Daher musst Du vor dem Verkauf genau abwägen, ob das Bieterverfahren eine echte Alternative zum klassischen Festpreis ist. Insbesondere bei beliebten Immobilien geht das Bieterverfahren mit einigen Chancen einher.
Häufige Fragen
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Über den Autor
Sebastian Jacobitz
Seit Seinem Abschluss des Wirtschaftsingenieurwesens lebt Sebastian Jacobitz in Indonesien und hat dort den Bau zweier Häuser realisiert. Auf Wohnora teilt Er Sein Wissen und die persönlichen Erfahrungen rund um die Immobilienwelt.
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