Auf einen Blick

  • Du kannst eine Mietminderung beantragen, wenn ein Gerüst vor Deiner Wohnung aufgebaut wird und deine Wohnqualität einschränkt
  • Die Höhe der Mietminderung hängt von der Schwere der Beeinträchtigung ab, basierend auf vergangenen Urteilen
  • Um die Mietminderung durchzusetzen, musst du den Mangel beim Vermieter anzeigen und eine Frist zur Behebung setzen
  • Baugerüste und Bauarbeiten erlauben unterschiedliche Mietminderungen, die separat betrachtet werden müssen

Für Arbeiten an der Fassade oder anderen Sanierungsarbeiten lässt es sich kaum vermeiden, dass das Gebäude von einem großflächigen Gerüst umgeben ist. Häufig ist es mit einer Plane abgedeckt, sodass kaum mehr Tageslicht in die Wohnung dringt und die schöne Aussicht versperrt ist.

Urteile aus der Praxis
MangelMinderungAktenzeichen
Geringfügige Verdunkelung mit beeinträchtigter Lüftung5%Az. 63 S 439/93
Massive Verdunkelung15%Az. 10 C 49/9
Gerüst mit Bauarbeiten20%Az. 93 C 2696/11
Gerüst mit enormen Baulärm40%Az. VIII ZR 181/12
Gerüst mit Dacharbeiten vor Dachgeschosswohnung50%Az. VIII ZR 181/12
Plane verhindert ungetrübten Blick nach draußen10%Az. 8 U 5875/98
Beeinträchtigung für Dachgeschosswohnung33%Az.64 S 357/95

Rechtfertigt eine Fassadeneinrüstung eine Mietminderung oder musst Du schlichtweg damit leben?

Mangel der Mietwohnung durch die Einrüstung erlaubt eine Mietminderung

Befindet sich ein Gerüst vor Deiner Wohnung könntest Du zunächst unschlüssig sein, ob dieses einen Grund für eine Minderung darstellt. Schließlich könnte es sich um notwendige Sanierungsarbeiten handeln, die der Vermieter kaum vermeiden kann. Dementsprechend gehen einige Mieter davon aus, dass Sie das Gerüst hinnehmen müssen. Denn es ist dem Vermieter kaum vorzuwerfen, dass Er handwerkliche Tätigkeiten am Gebäude vornehmen lässt.

Ganz so einfach ist die Sachlage allerdings nicht. Denn obwohl das Gerüst für die Arbeiten erforderlich sein sollte, besteht weiterhin das Recht für Dich, dass Du die Wohnung vertragsgemäß nutzen darfst.

Uneingeschränkte Nutzung der Wohnung
Anspruch auf uneingeschränkte Nutzung der Wohnung

Das Baugerüst mag zwar notwendig sein, doch bedeutet dies nicht, dass Du es einfach hinnehmen musst. Führt das Gerüst zu einer Beeinträchtigung der Nutzung Deiner Wohnung, darfst Du eine Mietminderung umsetzen.

Hast Du die Wohnung angemietet, während kein Gerüst vorhanden war und wurden entsprechende Maßnahmen nicht angekündigt, hast Du einen Anspruch darauf, dass Du die Wohnung ordnungsgemäß nutzen kannst. Dazu zählt etwa, dass die Aussicht nicht versperrt ist und Du die Fenster öffnen kannst.

Wird während Deines bestehenden Mietverhältnisses ein Gerüst aufgebaut, könnte dies einen Mangel nach §536 BGB[1]https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__536.html rechtfertigen. Schließlich gehen mit der Einrüstung massive Einschränkungen einher, die einen Verlust an Wohnqualität bedeuten.

Diese Umstände musst Du nicht einfach hinnehmen, sondern darfst mit einer Mietminderung zumindest eine finanzielle Entlastung erwarten. Die Höhe der Mietminderung ist abhängig vom Grad der Einschränkungen. Dementsprechend ist entscheidend, in welcher Weise die Einrüstung geschieht. Handelt es sich um ein offenes Gerüst, welches nicht direkt vor Deinem Fenster verläuft oder ist es mit einer lichtundurchlässigen Plane abgeschirmt?

Folgend erhältst Du einen Überblick über Urteile aus der Praxis, die bei einer Mietminderung wegen eines Baugerüsts getroffen wurden. So erhältst Du genauere Anhaltspunkte zur Einschätzung, wie hoch die Minderung der Miete ausfallen darf.

Mögliche Höhe der Mietminderung wegen des Baugerüsts

In welcher Höhe die Mietminderung gerechtfertigt ist, hängt vom Umfang der Beeinträchtigung ab. Nachstehend erhältst Du eine Übersicht über vergangene Urteile im Zusammenhang mit dem Baugerüst vor der Wohnung.

Leichte Verdunkelung erlaubt keine Mietminderung

Im vorliegenden Fall hat ein Baugerüst zu einer teilweisen Verdunkelung der Küche sowie der Speisekammer geführt. Der Mangel war jedoch nur geringfügig, sodass eine Mietminderung wegen des Baugerüsts nicht zulässig war. In geringem Umfang muss der Mieter eine Beeinträchtigung durch das Gerüst hinnehmen (Az. 63 S 194/06[2]https://www.strunz-alter.de/kanzleiforum/mietminderungsrecht-des-mieters-bei-fassadeneinruestung/ ).

Geringfügige Verdunkelung mit verminderten Lüftungsmöglichkeiten

In einem älteren Urteil kam das Landgericht Berlin zu der Entscheidung, dass immerhin eine Mietminderung in Höhe von 5 Prozent zulässig war, als ein Gerüst sowohl das Tageslicht kaum hindurchlies als auch das Öffnen der Fenster eingeschränkte. Im Zusammenspiel sei eine Mietminderung von 5 Prozent angemessen (Az. 63 S 439/93[3]https://rechtstipp24.de/5-baugeruest-vor-dem-fenster/ ).

Massive Verdunkelung der Wohnung

Als größere Einschränkung gilt es, wenn nicht nur das Gerüst vor dem eigenen Fenster steht, sondern dieses auch mit einer Folie umhüllt ist. Dadurch dringt deutlich weniger Licht in die Wohnung und auch die Frischluftzufuhr war gestört. Dies erlaubte zunächst eine Mietminderung von 15 Prozent. Des Weiteren gingen die Bauarbeiten mit einem deutlichen Lärm einher und der Staub drang in die Wohnung. Dementsprechend war die Nutzung des Balkons über mehrere Monate unmöglich. Zu den 15 Prozent durfte eine weitere Mietminderung von 25 Prozent durchgesetzt werden. Insgesamt war dadurch eine Minderung von 40 Prozent angemessen (Az. 10 C 49/9).

Gerüst samt Bauarbeiten

Ähnlich betrachtete es auch das Amtsgericht Wiesbaden. Aufgrund des Gerüsts sowie den stattfindenden Bauarbeiten war eine Minderung in Höhe von 20 Prozent zulässig. Die anhaltenden Bohr oder Schweißarbeiten führten zu einer wahrnehmbaren Lärmbelastung und Staubentwicklung. Dementsprechend sind neben dem Baugerüst auch die begleitenden Arbeiten im Rahmen einer Mietminderung zu betrachten (Az. 93 C 2696/11[4]https://openjur.de/u/635286.html ).

Bauarbeiten berücksichtigen
Bauarbeiten bei Mietminderung beachten

Nicht nur das Gerüst berechtigt zur Minderung der Miete. Der Lärm und die weiteren Einschränkungen aufgrund der Bauarbeiten sind deutlicher schwerwiegender. Diese musst Du bei der Mietminderung ebenfalls als Mangel aufführen.

Gerüst mit intensivem Baulärm

Zu großen Einschränkungen kam es für eine Bewohnerin einer Dachgeschosswohnung. Das Baugerüst schränkte die Nutzung der Wohnung ein und die Dacharbeiten gingen mit einem deutlichen Baulärm einher. Daraus ergab sich eine erlaubte Mietminderung von 10 Prozent wegen des Gerüsts sowie 40 Prozent für die Arbeiten am Dach. In Summe ermöglichte dies eine Mietminderung von 50 Prozent (Az. VIII ZR 181/12[5]https://www.dk-ra.de/40-minderung-infolge-einer-dachsanierung/ ).

Mietminderung beim Baugerüst durchsetzen

Befindet sich ein Baugerüst vor Deiner Wohnung und kommt es zu den beschriebenen Einschränkungen, ist eine Mietminderung gerechtfertigt. Damit weist Du auf eine begrenzte Nutzung Deiner Wohnung hin und übst einen Druck auf den Vermieter aus, damit die Bauarbeiten schnellstmöglich abgeschlossen sind.

Doch einfach die Miete zu mindern, ist nicht erlaubt. Für die Durchsetzung der Mietminderung ist eine klare Vorgehensweise vorgeschrieben.

  • Mangel anzeigen

Im ersten Schritt musst Du dem Vermieter anzeigen, welche Beeinträchtigung durch das Baugerüst auftritt. Darin sind die Mängel zu beschreiben. Der Vermieter muss entsprechend die Chance erhalten, die Fehler zu beseitigen.

  • Frist setzen

In der Mängelanzeige setzt Du eine Frist von wenigen Tagen. Der Vermieter muss sich schnellstmöglich mit Deinen Problemen befassen und eine Lösung finden. Aufgrund der Fristsetzung ist der Vermieter zum Handeln gezwungen.

  • Miete mindern

Verstreicht die Frist und der Mangel besteht weiterhin, darfst Du die Mietminderung umsetzen. Informiere Dich bei einem Anwalt oder dem Mieterschutzbund, um eine angemessene Höhe der Mietminderung anzusetzen. Dies ist im Wesentlichen von Art und Umfang der Einschränkungen abhängig.

Einschränkungen der Wohnqualität durch das Baugerüst am Haus

Als Mieter legst Du Wert auf Deine geschützte Privatsphäre und möchtest nicht jeden Morgen auf das Baugerüst am Haus blicken. Es schränkt das Tageslicht ein, welches in Deine Wohnung vordringt und der anhaltende Baulärm stellt eine weitere Störung dar.

Diese Mängel musst Du nicht einfach hinnehmen, sondern darfst eine Mietminderung durchsetzen. Dabei sind die Beeinträchtigungen durch das Baugerüst sowie den eigentlichen Bauarbeiten getrennt zu betrachten.

Das Baugerüst an sich erlaubt eine Minderung der Miete von üblicherweise bis zu 10 Prozent. Damit sind Einschränkungen bezüglich des Tageslichtes sowie der mangelhaften Lüftungsmöglichkeiten abgedeckt.

Die Beeinträchtigungen durch die Bauarbeiten sind hingegen deutlich umfangreicher. Diese können selbst bis zu einer Unbewohnbarkeit der Wohnung führen, falls die Fenster sich nicht mehr öffnen lassen.

Dementsprechend müssen Mieter nicht nur das Gerüst als solches, sondern auch die Bauarbeiten im Rahmen der Mietminderung berücksichtigen.

Häufige Fragen

Die Mietminderung bei einem Gerüst hängt von den konkreten Beeinträchtigungen ab. In der Regel sind 5 bis 15 Prozent angemessen, wenn etwa die Aussicht eingeschränkt oder die Wohnung durch Arbeiten weniger nutzbar ist.

Ein Gerüst muss vom Mieter so lange geduldet werden, wie es für die Durchführung notwendiger Arbeiten benötigt wird. Allerdings muss der Vermieter den Mieter rechtzeitig und umfassend über die Maßnahme informieren.

Bei Renovierungsarbeiten kann eine Mietminderung ebenfalls gerechtfertigt sein, wenn dadurch eine erhebliche Beeinträchtigung der Wohnqualität entsteht. Auch hier liegt die Höhe im Ermessen des Mieters und hängt von den konkreten Umständen ab. Oftmals liegt sie im Bereich von 5 bis 20 Prozent.